Software Anbieter haften für fehlerhafte Software
Die Produkthaftungsrichtlinie (ProdHaftRL) ist eine europäische Richtlinie, die die Haftung für fehlerhafte Produkte regelt. Sie gilt seit 1985 und verfolgt das Ziel, Verbraucher in der EU zu schützen, indem sie den Herstellern eine strikte Haftung auferlegt, wenn ihre Produkte Schäden verursachen.
Dabei haften Hersteller unabhängig vom Verschulden, wenn ein Produkt aufgrund eines Fehlers Schäden an Personen oder privatem Eigentum verursacht.
Der Anwendungsbereich
Die ProdHaftRL umfasst alle beweglichen Sachen, unabhängig davon, ob sie in andere bewegliche oder unbewegliche Sachen eingebaut sind. In jüngster Zeit hat die Diskussion um die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Software und digitale Produkte zugenommen, da viele moderne Produkte digitale Komponenten enthalten.
Fehlerhaftigkeit von Software
Eine Software gilt als fehlerhaft, wenn sie nicht die Sicherheit bietet, die berechtigterweise erwartet werden kann. Fehlerhafte Software kann zum Beispiel durch Programmierfehler, Sicherheitslücken oder mangelnde Funktionsfähigkeit charakterisiert sein, die zu Schäden führen. Bei vernetzter Software können auch Schwachstellen, die zu Cyberangriffen führen, als Fehler angesehen werden.
Wesentliche Inhalte der ProdHaftRL:
- Strikte Haftung: Hersteller haften für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte verursacht werden, unabhängig von Fahrlässigkeit oder Verschulden.
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Beweislast: Der Geschädigte muss den Fehler des Produkts, den Schaden sowie den ursächlichen Zusammenhang nachweisen.
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Deckung der Haftung: Die Haftung umfasst Schäden an Personen sowie an privatem Eigentum, wenn der Schaden einen bestimmten Mindestbetrag übersteigt.
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Verjährung: Ansprüche verjähren in der Regel drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen.
Haftung bei Herstellern ohne Sitz in der EU
Wenn der Hersteller keinen Sitz in der EU hat, haftet der Importeur, der das Produkt in den EU-Markt einführt. Alternativ kann der Bevollmächtigte des Herstellers oder der Vertreiber in der Lieferkette zur Haftung herangezogen werden, um den Schutz der Verbraucher in der EU sicherzustellen.
Der Importeur muss gewährleisten, dass die Produkte den EU-Sicherheitsstandards entsprechen und übernimmt die gleiche Haftungsverpflichtung wie ein EU-Hersteller.
Was Unternehmen jetzt tun können:
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Qualitätskontrolle und Sicherheitsstandards: Unternehmen sollten umfassende Qualitätskontrollen einführen und bestehende Prozesse zur Sicherstellung der Produktsicherheit optimieren.
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Risikomanagement: Implementierung eines effektiven Risikomanagementsystems zur frühzeitigen Erkennung und Beseitigung potenzieller Produktfehler.
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Dokumentation: Detaillierte Aufzeichnungen über Produktionsprozesse und Prüfverfahren sollten gepflegt werden, um im Fall eines Haftungsanspruchs nachvollziehen zu können, dass alle Sicherheitsstandards eingehalten wurden.
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Versicherungsschutz: Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie über eine ausreichende Produkthaftpflichtversicherung verfügen, um mögliche finanzielle Risiken abzusichern.
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Schulungen: Mitarbeiterschulungen zur Produktsicherheit und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sind wichtig, um Risiken zu minimieren.
Der mögliche Schadenersatzanspruch bei fehlerhaften Produkten steht im Mittelpunkt der Richtlinie.
Mögliche Entwicklungen
In den letzten Jahren gab es Bestrebungen, die Richtlinie zu modernisieren, um neuen Herausforderungen durch technologische Entwicklungen gerecht zu werden, etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz und digital vernetzter Produkte. Es wird erwartet, dass zukünftige Anpassungen Aspekte wie die Haftung für Softwarefehler und Cybersicherheitsrisiken mit einbeziehen könnten.
Diese Entwicklungen würden den Anwendungsbereich der ProdHaftRL erweitern und könnten strengere Anforderungen an Hersteller und Vertreiber nach sich ziehen.
Unternehmen sollten daher die regulatorische Entwicklung aufmerksam verfolgen und ihre Compliance-Strategien regelmäßig anpassen, um auf kommende Veränderungen vorbereitet zu sein.
Umsetzungsfrist
Sollten Änderungen an der ProdHaftRL verabschiedet werden, müssen die Mitgliedstaaten diese innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umsetzen. Üblicherweise liegt diese Frist bei etwa 1-2 Jahren ab dem Zeitpunkt der Verabschiedung der überarbeiteten Richtlinie.
Übergangsregelungen
Unternehmen sollten den zeitlichen Rahmen für die Umsetzung der neuen Anforderungen genau im Blick behalten und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um Compliance sicherzustellen.
Autor: Markus Vatter, Head of Compliance, 19.10.2024