Fotoerlaubnis – die schlechteste Strategie?

Wie verarbeite ich Mitarbeiteraufnahmen möglichst effektiv und datenschutzkonform?

Nein, natürlich ist eine Fotoerlaubnis nicht immer die schwächste Option. Was der beste Weg ist, sollte aber sorgfältig abgewogen werden, denn strategisch ergeben sich aus einer Einwilligung oft Nachteile. Der Modelvertrag ist vielen unbekannt, wäre aber nicht selten die stärkere Lösung.

 

Überblick

Im Datenschutz dürfen personenbezogene Daten immer nur mit einer Rechtsgrundlage aus Art. 6 Abs. 1 DSGVO verarbeitet werden. Das sind hauptsächlich Einwilligung, Vertrag und berechtigtes Interesse.

Da es neben Fotos auch um Videos, Podcasts oder Texte von Mitarbeitern gehen kann, schreibe ich im Folgenden als Oberbegriff von Aufnahmen.

Zusätzlich sind oft Spezialgesetze zu beachten. In Bezug auf Mitarbeiter ist das vor allem § 26 BDSG. Darüber hinaus gibt es weitere Besonderheiten. Im Datenschutz sind das hauptsächlich besondere Datenkategorien, wie Gesundheit (z.B. Brillenträger) nach Art. 9 DSGVO, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann und muss – das Problem ist im Regelfall eher akademisch.

Bitte beachten Sie, dass Sie vom Ersteller der Aufnahmen zusätzlich eine Nutzungserlaubnis nach Urheberrecht benötigen, die sehr präzise sein sollte. Bezogen auf den Fotografen steht diese im Kunsturheberrechtsgesetz  (KUH) und für alle anderen schöpferischen Tätigkeiten im Urheberrechtsgesetz  (UrhG), auf die ich hier nicht näher eingehen kann. Der BGH hat mit Urteil vom 21.01.2021, Az.: I ZR 207/19 festgestellt, dass die vielfältige Rechtsprechung zur Veröffentlichung von Fotos nach § 22 KUG auch auf Art. 6 Abs. 1 DSGVO anwendbar sein soll.

 

Einwilligung: für Einmaliges

+ kurzfristig, flexibel, für wenige Aufnahmen, geringe Öffentlichkeit

– unsicher, unbeständig, aufwändig, oft unnötig

Die Erlaubnis oder Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO scheint auf den ersten Blick unkompliziert, aber die tatsächlichen Anforderungen an ihre Wirksamkeit für Mitarbeiter sind hoch:

Für jede Einwilligung gilt nach Art. 7 DSGVO:

  1. Sie muss in der Regel gesondert und verständlich erfolgen.

  2. Sie ist jederzeit einfach widerruflich und darüber muss vorab belehrt werden.

  3. Die Freiwilligkeit muss sichergestellt sein.

    • Zur Gewährleistung der Freiwilligkeit ist natürlich eine Datenschutzerklärung nach Art. 12 ff. DSGVO nötig.

    • Die Freiwilligkeit ist meist grundsätzlich dadurch gefährdet, dass ein Arbeitnehmer in einem Abhängigkeitsverhältnis steht.

      Deshalb präzisiert § 26 Abs. 2 BDSG für Mitarbeiter:

    • Nach Satz 3 ist die Erlaubnis in der Regel schriftlich einzuholen (Ausnahmen möglich).

    • Sätze 1 und 2 verlangen, dass alle Umstände der Einwilligung sorgfältig geprüft werden und eröffnen einen Ausweg: Vorteile für den Mitarbeiter

Wenn nach § 26 Abs. 2  Satz 2 der Mitarbeiter einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erhält oder die Einwilligung in sonstige Weise in seinem Interesse steht, ist Freiwilligkeit meist kein Problem. Typische Fälle dafür sind etwa betriebsinterne Ehrungen, Jubiläen, für die man seine Aufnahme verwendet. Selbst eine Verwendung für geringfügige Werbezwecke kann so begründet werden, wenn der Mitarbeiter gleichzeitig andere Vorteile erhält, etwa, dass er das Foto auch privat nutzen darf. Gibt es eine Art „Gegenleistung“ befinden wir uns allerdings schon im Übergang zum Modellvertrag. Der klärt meist auch die urheberrechtlichen Folgen.

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Vertrag: langfristig Sicher

Beim Vertrag gibt es drei Möglichkeiten: den normalen Arbeitsvertrag, den Modell-Release-Vertrag oder die Kombination aus beiden, einen Arbeitsvertrag Plus. Bei allen drei Möglichkeiten sind die Vergütungsregelungen und neuerdings die jährliche Auskunftspflicht zur Verwendung der Aufnahmen nach § 32 ff. UrhG zu beachten.

Arbeitsvertrag: Das Nötige

+ deckt normalen Bedarf ab, gilt solange Vertrag läuft

– starr, deckt neue Möglichkeiten nicht ab

Nach Art. 6 I b) DSGVO, § 26 Abs.1 BDSG dürfen aufgrund des Arbeitsvertrags Aufnahmen für alles verwendet werden, was für das Beschäftigungsverhältnis notwendig bzw. erforderlich ist. Damit brauchen Sie keine gesonderte Erlaubnis, wenn Sie ein Portraitfoto Ihres Mitarbeiters für einen Sicherheitsausweis verwenden oder, um ihn seinen Kollegen in einem Rundbrief vorzustellen. Wenn es sich schon aus dem Arbeitsvertrag ergibt, dass Ihr Mitarbeiter nach außen als direkter Ansprechpartner repräsentieren muss, wird in der Regel die einfache Verwendung seines Fotos auf dem Netzauftritt aufgrund des Arbeitsvertrages erlaubt sein.

Bitte beachten Sie, dass Erforderlichkeit ein Ausschnitt der Verhältnismäßigkeitsprüfung darstellt und ein juristischer Fachbegriff ist (siehe unten bei der Interessenabwägung). Erforderlich ist das mildeste der geeigneten Mittel. Unnötiges erlaubt der Arbeitsvertrag also nicht.

Mit dem Ende des Arbeitsvertrags endet dieses Nutzungsrecht in der Regel automatisch.

Modell Release Vertrag – Alleskönner

+ deckt jeden gewünschten Bedarf, jede Menge ab, gilt lebenslänglich, sehr rechtssicher

– kostet zusätzlich

Ein gesonderter Modellvertrag unterfällt nicht dem Arbeitsrecht und lässt durch die Gegenleistung die Erforderlichkeitsprüfung entfallen, sofern die Gegenleistung fair ist. Für die geringfügige Verwendung eines Fotos reicht als Gegenleistung die Erlaubnis, das Foto für eigene Zwecke des Mitarbeiters nutzen zu dürfen, die Möglichkeit, dass der Fotograf zugleich mit den Dienstfotos auch Privatfotos macht (siehe tfp: „time for portfolio“) oder eine Zahlung von einmalig 50 € bis 100 €.

Im Modellvertrag können Sie ausführlich regeln, dass Sie Aufnahmen für alles und jedes und ggf. auch heute noch nicht denkbare Verbreitungsmöglichkeiten verwenden dürfen, solange die Vergütung dazu in einem angemessenen Verhältnis steht.

Bitte bedenken, Sie: Wenn Ihr Unternehmen durch die Decke schießt und die Aufnahmen plötzlich unvorhergesehen von einem Millionenpublikum wahrgenommen werden, müssen Sie mit Nachforderungen für die Gegenleistungen von Modell und Fotograf rechnen. Aber dann haben Sie das Geld ja.

Nur in ganz extremen Ausnahmefällen darf ein „Modell“ nachträglich die Verwendung seines Fotos verbieten. Realistisch kann das eigentlich nur passieren, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen in großem Streit verlässt – aber wer möchte dann noch mit seinem Foto werben?

Arbeitsvertrag Plus: Achtung AGB!

+ deckt die wichtigsten Bedarfe ab, gilt lebenslänglich

– kann nur einleuchtende, arbeitsnahe Möglichkeiten rechtssicher abdecken, schwer nachholbar

Es bietet sich auf den ersten Blick an, die Vorteile des Modellvertrags in den Arbeitsvertrag einzuarbeiten. Das geht aber nur beschränkt, da der Arbeitsvertrag in der Regel eine Form von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) darstellt, für die § 307 BGB überraschende Klauseln verbietet, die vom Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Arbeitsvertrags zu weit abweichen. Dass heißt, Sie sollten im Fließtext eines Arbeitsvertrages solche Regeln nicht „verstecken“, sondern sie optisch möglichst absetzen und sollten sie nicht zu weit fassen. Wenn man es sowieso voneinander abheben muss, ist es meist besser, gleich zwei Verträge zu schließen.

Zudem haben Sie wieder ein Problem mit der Freiwilligkeit, wenn Sie bestehende Arbeitsverträge ohne Gegenleistung umschreiben. Für Altfälle müssen Sie also zugleich eine Lohnerhöhung oder Einmalzahlung o.ä. anbieten.

 

Berechtiges Interesse: Lückenfüller

+ kann Lücken im Vertragsrecht füllen, ausgiebige Rechtsprechung

– ist aufwändig zu prüfen, Widerspruchsmöglichkeit, selten für Netzverwendung

Das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO steht nicht ohne Grund am Ende: Diese Möglichkeit ist für Aufnahmen von Mitarbeitern am aufwändigsten und schwierigsten. Zusätzlich ist oft Art. 6 Abs. 4 DSGVO zu beachten, falls die Aufnahmen zu einem neuen Zweck verwendet werden sollen.

Das berechtigte Interesse setzt formal hohe Hürden, da es eine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert. Sie müssen also alle Für- und Widerargumente gewissenhaft zusammentragen, dokumentieren und dann gegeneinander abwägen. Sie wird wegen ihres Aufwandes häufig aber eher in letzter Minute zusammengezimmert, wenn alles andere nicht funktioniert.

Die Abwägung erfolgt in fünf Schritten:

  1. Was ist der Zweck?

  2. Ist die Verwendung der Aufnahme geeignet, den Zweck zu erreichen und welche Alternativen könnten das auch (Geeignetheit)?

  3. Welche Nachteile entstehen dem Betroffenen oder der Firma jeweils durch die verschiedenen Alternativen?

  4. Ist die geplante Verwendung der Aufnahme von allen Alternativen unter Berücksichtigung der Nachteile das mildeste Mittel, um den Zweck zu erreichen (Erforderlichkeit)?

  5. Stehen die Nachteile der Betroffenen und die Vorteile der Firma in einen angemessenen Verhältnis zueinander?

Es liegt in der Natur dieser aufwendigen Prüfung, dass man nicht immer alle Aspekte findet. Deshalb müssen nach Art. 21 DSGVO die Betroffenen über diese Nutzung gesondert informiert werden und haben ein nachträgliches Widerspruchsrecht.

Hilfreich ist hier, dass laut BGH die Urteile zur Veröffentlichung von Fotos nach § 22 KUG grundsätzlich auf die Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO anwendbar sind. Wie schwer etwaige Nachteile wiegen, hängt bei freiwilligen Veranstaltungen hauptsächlich von den vernünftigen Erwartungen der Gäste ab. Diese Erwartungen kann man durch Hinweise auf der Einladung und im Eingangsbereich steuern. Dort kann man auch die obligatorischen Informationen nach Art. 12 ff. DSGVO anbringen. Über öffentliche Veranstaltungen, an denen Mitarbeiter freiwillig teilnehmen, darf dann in der Regel eine öffentliche Berichterstattung stattfinden, reine Werbekampagnen sollte man mit solchen Fotos aber eher nicht veranstalten. Falls jemand trotzdem schon während der Veranstaltung ausdrücklich widerspricht, sollte man das respektieren.

Falls es Rechtsstreitigkeiten mit/gegen einen ehemaligen Mitarbeiter gibt, ist das berechtige Interesse in der Regel die Rechtsgrundlage für die Verwendung der Aufnahmen im Rahmen der Streitigkeit, falls es keine (nach-) vertragsrechtlichen Grundlagen (mehr) gibt.

Damit ist die Interessenabwägung hauptsächlich geeignet für innerbetriebliche Anwendung, die nicht direkt dienstlich ist oder für gemischte Veranstaltungen mit Öffentlichkeitscharakter, um etwa Pressefotos zu erstellen. Die Aufsichtsbehörde von Baden-Württemberg (S. 41 ff.)  sieht ein berechtigtes Interesse zusammen mit Retuschieren als geeignete Maßnahme, um ein Gruppenfoto nachträglich zu „retten“, nachdem ein Mitarbeiter seine Einwilligung widerrufen hat. Das Arbeitsgericht Lübeck sieht jedenfalls die Interessenabwägung nicht für ausreichend an, um ein Mitarbeiterfoto auf Facebook zu verwenden (ArbG Lübeck, Beschluss vom 20.6.2019 – 1 Ca 538/19).

 

Fazit

Es gibt nicht „die Lösung“ für Mitarbeiterfotos, aber mit der Einwilligung und dem Modelvertrag kommen Sie mit überschaubarem Aufwand schon recht weit. Lassen Sie sich durch Ihren Datenschutzbeauftragten beraten und ggf. individuelle Vorlagen genau für Ihr Unternehmen erstellen. Prüfen Sie, ob Ihre Datenschutzerklärungen für Mitarbeiter und für Veranstaltungsbesucher jeweils Ihren Absichten entsprechen.

Autor: Florian Thomas Hofmann, 30.03.2023

 

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